Weil es erstens so weit weg ist, dass ich am liebsten mit dem Nachtzug fahre – und den können alle besser als die DB. Weil zweitens der Berliner Hauptbahnhof ein hässliches Labyrinth ist. Und weil drittens den ÖV in Berlin nicht mal die Eingeborenen beherrschen.

Nachdem mich die Durchsagen im Nachtzug nach Berlin früh, nein ZU früh, aus dem Schlaf gerissen hat, erkunde ich mal wieder den Berliner Hauptbahnhof.

Schnell stellt man fest: Auch nach über 170 Jahren Bahnhofsbau bekommt es die DB nicht hin, in ihren Bahnhöfen Digitalanzeigen so anzubringen, dass ein ankommender Reisender über seine weiteren Verbindungen informiert wird. Dafür findet der Reisende aber sehr moderne Werbeanzeigen – ziemlich genau da, wo eigentlich solche Digitalanzeigen hingehören.

Wenn man dann vom Aufzug aus mangels Beschilderung die drei falschen der vier Himmelsrichtungen erkundet hat, findet man immerhin einen Starbucks – bevor man die DB Lounge findet, kann man den Bahnhof locker dreimal zu Fuss umrunden. Dort ins Wlan eingeloggt erfährt man dann auch wo die nächste Call-a-bike-Station ist. Die DBler an der Information kennen dieses Bahnprodukt nämlich leider noch nicht. Nach einer Viertelstunde umherirren im transparentesten Bahnhofs der Republik hat man dann vielleicht das Glück, dass es gerade nicht geregnet und auch kein Vogel den Call-a-bike Sattel vollgekackt hat (denn die Stationen sind natürlich nicht überdacht). Dass die Klingel nich tut und es am Bike keinen Getränkehalter gibt, darüber kann man dann natürlich hinwegsehen. Letztendlich muss man nur am Zielort noch eine Callabike-Station finden – einfach irgendwo hin stellen is nunmal in Berlin nich, und auf den Stadtplänen sind die Stationen natürlich auch nicht eingezeichnet.
Wer meint, er könne solchen Geschichten mit den öffentlichen Verkehrsmittel entgehen, sei eines besseren belehrt: Auch auf den Zugängen zu den S-Bahnsteigen z.B. am Gesundbrunnen sind selbst analoge Tafeln, auf denen die dort fahrenden Züge abzulesen wären, stellenweise nicht zu finden. Und wehe dem der meint, eine Ubahn-Tür reagiere auf darin eingeklemmte Fahrgäste. Um zu verstehen, dass die Bahncard nur ausserhalb von Berlin anerkannt wird, sollte man auch vorher einen Kurs in Tarifrecht belegt haben.
Es sei noch angemerkt, dass hier kein blinder und angetrunkener Taubstummer schreibt, der des deutschen nicht mächtig und im Rollstuhl unterwegs ist. Sondern ein deutscher Mobilitätsexperte, der diese Stadt seit über 15 Jahren bereist.

Um das ganze Positiv zu beenden würd ich jetzt gerne schreiben, dass ich mich wenigstens auf die Rückfahrt freue. Aber da bekomme ich dann ja mal wieder keinen Internetempfang, nicht mal um eine einzige Recherche für diesen Artikel zu tätigen oder mir ein Ticket für meine nächste wundervolle Bahnreise zu kaufen.

Fragt sich der S21-Fan natürlich: wieviel würde es eigentlich kosten, das alles zu beheben? Und wieviel Geld verbuddelt die Bahn für nen Bahnhof, der vermutlich noch beschissener wird als der Berliner? Liebe Bundesregierung, verkauft doch den ganzen Laden einfach an die Schweizer oder Österreicher. Schlimmer geht zwar immer, aber dann müsst Ihr Euch doch wenigstens nimmer damit rumschlagen!

Ach ja, damit Du mich nicht falsch verstehst: Ich hab nichts gegen Nachtzüge, Bahnhöfe oder die Eisenbahn an sich. Nur auf eine Bahn, die sich im Besitz einer von der Autolobby bestens geschmierten Regierung befindet, könnte ich ganz gut verzichten.

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